Brandenburg ist nicht Bayern. Niemals. Doch ein bisschen Bayern findet sich, und zwar nicht nur im Oktober, sondern in Form kleiner Salmonidengewässer mittlerweile ganzjährig: Bachforellen, Lachs- und Meerforellen anzutreffen als sei man in einem Bergland, ist längst keine Kunst mehr. Sie genießen in Brandenburg ihre Freiheit. Ganz im Gegensatz bekanntlich zum Bayer Uli Hoeneß. Doch auch der ist jetzt wieder raus aus seinem Gefängnis und frei. Wie das geht?
Wir haben uns in diesem Frühling auf die Suche nach Barsch und Zander nach Brandenburg begeben. Barsche haben schließlich ganzjährig keine Schonzeit und Zandern darf nur im April und Mai nicht nachgestellt werden. In Berlin beispielsweise ist die Kunstköderangelei derweil noch bis 1. Mai verboten.
Also raus auf’s Land und bis ganz in den Nordenwesten, wo die Flusssysteme von Rhin, Dosse, Jäglitz, Karthane und – allen voran – der Stepenitz locken. Eine Stelle, die von zwei Seitenarmen gespeist wird und an der die dadurch harte Strömung auf eine kaskadenartige Steinpackung trifft, tat es uns irgendwie an.
Kurz vor den ruhigen Flachwasserbereichen müssten doch Stachelritter anzutreffen sein. Doch es zeigte sich einfach keiner. Erst ein paar Würfe in die Strömung hinein brachten uns die ersten Überraschungsgäste: Döbel. Wow!
Nicht besonders groß, aber für’s erste Angleradrenalin dieses Tages schon Mal nicht schlecht. Verhaften konnten wir sie mit kleinen Spinnern in 1er bis maximal 2er Größe mit jeweils für Flüsse ideal schmalem Blatt. Nicht ein Barsch ließ sich übrigens blicken, dafür ein Minihecht. Es gab dabei allerdings eine Menge Fehlbisse – was nicht an den Döbeln lag. Ein paar Meter weiter in die Strömung hineingeworfen und die Köder vom Sog an der Oberfläche treiben gelassen, stiegen andere Frechdachse ein: Forellen.
Sie kamen aus der Hauptströmung, wo das Flussbett vom Wasser bis auf über eineinhalb Meter tief ausgespült worden sein dürfte. Drei verschiedene Sorten! Neben den bunt gepunkteten Bachforellen waren Lachs- und Meerforellen dabei. Zwar ebenfalls nur sehr kleine, dafür unbeschreiblich schöne Tiere. Die Berichte darüber, dass sie wieder da sind, waren uns nicht neu. Das Lachsprogramm läuft schließlich schon seit Jahren.
Dass es aber wieder so viele Forellen in Brandenburg gibt, dass wir sie gleich Wurfweise bekamen, hätten wir nicht gedacht. Schade, denn mit Spinnern an einen solchen Fluss zu gehen, ist ein absoluter Frevel. Asche auf unser Haupt! Die Fische haben schließlich einen so sensiblen Kiefer, dass Drillingshaken zu viel Schaden anrichten. Sie sind mit Barschmäulern überhaupt nicht zu vergleichen, aus denen man Haken relativ problemlos wieder herausbekommt.
Wir kommen also mit der Fliegenrute wieder. Oder einer Posenmontage für Fließgewässer. Schon bald sogar, denn ab 15.April ist die Forellenschonzeit vorbei.
So zählten wir am Wasser bereits die Tage und mussten dabei irgendwie plötzlich an Bayern denken, wo die Schonzeit schon einen Monat eher endet. Klar, auch Thüringen oder Baden-Württemberg sind voller Salmoniden. Aber in dem Winkel, in dem die Sonne den Fluss kitzelte, und weil in der Ferne auch noch eine Blasmusikkapelle aufspielte, war es für uns einfach nur Bayern. Bevor wir schlussendlich die letzte Bachforelle dieses Tages wieder in ihre Freiheit entließen, tauften wir sie deshalb einfach Uli Hoeneß. Und siehe da: Uli, soeben noch von Anglern verhaftet, machte sofort einen flinken Schuh und war frei. Mit einem Flossenschlag nahm er Abschied.